Mittwoch, 24. September 2008

Französisch für Profis Teil II - Der Knoten in der Zunge

Wer nach der Lektüre unseres "Französisch für Profis Teil I" nun gedacht hat, die Eigenarten der französischen Sprache erschöpften sich in amüsant klingenden Schimpfwörtern oder schlicht abstrusen Geheimjargons, der irrt. Auch der Franzose weiß auf jedes Sahnehäubchen noch eine Kirsche zu setzen. So ist es nicht verwunderlich, dass selbst der Deutschen liebstes Sprachspiel im Französischen eine wahre Kunstform darstellt - Zungenbrecher par excellence!

Das französische Pendant zum deutschen Fischers Fritz sind die scherzhaften Virelangues. Dabei geht es, wie im Deutschen auch, um die möglichst schnelle Aussprache komplizierter und oft sinnfreier Wortkombinationen zur Belustigung der Zuhörer. Französischsprachige Anfänger in der hohen Kunst der stolperfreien Zungenbrecher sollten mit einem einfachen Satz beginnen:
  • Trois fraises fraîches et trois petites pipes fines.
  • (Drei frische Erdbeeren und drei kleine feine Pfeifen.)
Zu simpel? Vielleicht ist der bekannteste französische Virelangue schon eher eine Herausforderung:
  • Un chasseur sachant chasser doit savoir chasser sans son chien.
  • (Ein Jäger, der zu jagen versteht, muss auch ohne seinen Hund jagen können.)
Die Spuckflecken am Bildschirm halten sich immer noch in Grenzen? Keine Sorge, die wahren Meister der französischen Sprache dürfen sich gern an schweißtreibende Satzkonstruktionen wie diese wagen:
  • Un pâtissier qui pâtissait chez un tapissier qui tapissait, dit un jour au tapissier qui tapissait: vaut-il mieux pâtisser chez un tapissier qui tapisse ou tapisser chez un pâtissier qui pâtisse?
  • (Ein Bäcker, der bei einem Tapezierer, der tapezierte, backte, sagt eines Tages zum Tapezierer, der tapezierte: Ist es besser, bei einem Tapezierer, der tapeziert zu backen oder bei einem Bäcker, der bäckt zu tapezieren?)
Gratulation an alle, die diese Zischlautschlange ohne Brummschädel und Knoten in der Zunge bezwungen haben!

Für Liebhaber der Virelangues empfiehlt sich eine Spezialform der Zungenbrecher, die so genannten Trompe-oreilles. Ähnlich komplex wie die Virelangues, sorgen die Trompe-oreilles zusätzlich für akkustische Täuschungen. Einige verdrehen den Sinn des gehörten Satzes:
  • Mon père est maire de Mamère et mon frère est masseur.
  • (Mein Vater ist der Bürgermeister von Mamère und mein Bruder ist Masseur.)
Der Zuhörer versteht:
  • Mon père est mère de ma mère et mon frère est ma soeur.
  • (Mein Vater ist Mutter meiner Mutter und mein Bruder ist meine Schwester.)
Andere Trompe-oreilles erwecken den Eindruck, als ob sie aus einer fremden Sprache stammten:
  • Qu'à bu l'âne au quai? - Au quai, l'âne a bu l'eau.
  • (Was hat der Esel am Kai getrunken? - Am Kai hat der Esel Wasser getrunken.)
  • Si ton tonton tond ton tonton, ton tonton tondu sera.
  • (Wenn dein Onkel deinen Onkel kahl schert, wird dein Onkel kahl geschoren sein.)
Gefallen am virtuosen Sprachspaß gefunden? Zum weiteren Üben der Zungenfertigkeit findet sich ein Fülle von Virelangues und Trompe-oreilles auf dieser und dieser Seite.

Dienstag, 16. September 2008

Französisch für Profis Teil I – Das Argot

Der Weg zur perfekten französischen Aussprache ist gepflastert mit Stolpersteinen. Von der Aneinanderreihung unzähliger Zischlaute über verschluckte Endungen bis hin zu nicht enden wollenden Satzkonstruktionen - Die Tücken der französischen Sprache bringen so manchen Französischschüler gehörig ins Schwitzen. Nicht selten enden da die ersten Gehversuche in der Sprache unserer Nachbarn mit komplettem Lautsalat.

Für fortgeschrittene Frankophile kann die Ausdrucksform mitunter aber gar nicht knifflig genug sein. Unter ihnen erfreut sich eine sprachliche Spielart großer Beliebtheit, die mit dem Schulfranzösisch nur noch wenig zu tun hat. Das Argot, eine slangähnliche Geheimsprache, entwuchs im Mittelalter dem Milieu von Bettlern und Gaunern und wird heute vor allem von Jugendlichen gesprochen. Eine Variante des Argots ist der Metzger-Jargon Louchébem, dessen Ursprung im 19. Jahrhundert liegt. Im Louchébem wird der erste Konsonant eines Wortes ans Ende verschoben, mit einer beliebigen Nachsilbe ergänzt und der Buchstabe L an den Anfang gesetzt. So wird aus dem „monsieur“ der „lesieum“ und aus dem „fou“ der „loufoque“. Die Schreibweise verändert sich dabei oft gemäß der Lautsprache.

Etwas komplexer und variationsreicher als das Louchébem ist hingegen das Verlan. Als Verlan bezeichnet man eine jugendliche Spielsprache die, ähnlich dem Louchébem, die Wortsilben umkehrt und verschiebt. Verlan selbst ist bereits ein Wortdreher vom eigentlichen Begriff „à l’envers“ für rückwärts. Grundlegend gibt es drei Formeln für die Bildung von Verlan:
  • Die einfache Umkehrung: Das Verb „tomber“ wird zu „béton“.
  • Das Hinzufügen von Lauten: Das Schimpfwort „merde“ wird zu „demeur“.
  • Das Weglassen des letzten Vokals: Der „père“ verliert sein è auf dem Weg zum „reup“.
Den sprachlichen Verdrehungen und Nuancen sind beim Verlan kaum Grenzen gesetzt und finden nicht selten Einzug in die Umgangssprache. So werden die maghrebinischen Einwanderer in Frankreich bereits seit den achtziger Jahren mit dem Verlan-Ausdruck der „Beurs“ (von „Arabes“) bezeichnet.

Eine weitere Geheimsprache im Französischen ist das Javanais. Besonders Kinder und jüngere Teenager machen sich einen Spaß daraus, Worte und ganze Unterhaltungen so zu verfremden, dass sie für Außenstehende nicht mehr zu verstehen sind. Dabei wird die Silbe „av“ einfach zwischen Konsonant und Vokal geschoben. So lässt sich herrlich über Eltern, Lehrer und ähnlich nervende Erwachsene lästern! Welcher Pauker merkt schon, dass man ihn für doof hält, wenn er „Lave pravof est bavêtave!“ hört?

Einen pfiffigen Generator ins Javanais gibt es auf dieser Website.
Ein Wörterbuch mit 18 000 Stichworten aus dem Argot findet sich hier.