Freitag, 30. Oktober 2009

Lesetipp: Wie Internet und Werkzeuge bei Übersetzungen helfen können

Maschinen können den Menschen als Übersetzer nicht ersetzen: Google hat die Internetnutzer dazu aufgerufen, von Google Translate übersetzte Texte nachzubessern. Damit gesteht der Internetriese ein, dass selbst die von ihm eingesetzten verbesserten maschinellen Übersetzungsinstrumente keine befriedigenden Ergebnisse erbringen. Technische Anleitungen oder Werbetexte gehören allerdings nach wie vor in die Hand von Profiübersetzern, da kann keine Maschine mithalten.

Wer im Internet Wörter oder Wendungen in den Sprachrichtungen Englisch-Deutsch oder Deutsch-Englisch nachschlagen möchte, kann seit April 2009 eine neue Informationsquelle nutzen. Unter www.linguee.de wird das gesuchte Wort und das vermutete Pendant gleich in mehreren Texten angezeigt. Mit diesem Kontext lässt sich leichter beurteilen, ob eine angebotene Übersetzung für die eigenen Zwecke geeignet ist.

Für Übersetzer und auch Dolmetscher werden elektronische Arbeitswerkzeuge immer wichtiger. Sogenannte Translation-Memory-Systeme sind wie ein riesiges Gedächtnis, das alle einmal übersetzten Wörter, Sätze und Texte speichert. Kommt ein Satz in einem neuen Text in identischer oder ähnlicher Form wieder vor, macht das System einen Übersetzungsvorschlag.

Wenn Sie mehr über diese Themen wissen wollen: Die auflagenstärkste Fachzeitschrift für Dolmetscher und Übersetzer im deutschsprachigen Raum berichtet darüber im MDÜ 4/2009. Die Zeitschrift wird vom Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ) herausgegeben: www.mdue.bdue.de

Dienstag, 27. Oktober 2009

Literarisches Übersetzen: Ein langer Weg zum Traumberuf

Wer das Übersetzen von Texten zum Beruf machen will, dem stehen verschiedene Bereiche offen. Einen ganz besonderen Reiz übt auf viele das literarische Übersetzen aus, also die Übertragung von Romanen, Gedichten oder Theaterstücken in eine andere Sprache. Doch auf dem Weg zum Literaturübersetzer sind einige Hürden zu meistern.

„Die Hauptschwierigkeit liegt zunächst darin, dass es keinen festen Ausbildungsweg gibt“, meint Ulrich Thiele. Ulrich ist Absolvent des Aufbaustudiengangs „Literarische Übersetzung aus dem Englischen“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er arbeitet jetzt als freier Literaturübersetzer und steckt momentan mitten in seinem zweiten Auftrag: Für einen Verlag überträgt er ein Buch aus dem Englischen ins Deutsche.

Wie die Bezeichnung „Übersetzer“ ist auch die Spezialisierung „Literaturübersetzer“ keine geschützte Berufsbezeichnung, grundsätzlich kann sich jeder so nennen. Ulrich hat einen eher traditionellen Weg zu seinem Traumberuf gewählt. Vor seinem Aufbaustudiengang zum Literaturübersetzer hat er ein Studium der Germanistik abgeschlossen.

Einer der Dozenten des Münchner Aufbaustudiengangs ist Rudolf Hermstein. Seit mehr als 35 Jahren übersetzt er englische Bellestristik und Sachbücher ins Deutsche und hat 2009 den renommierten Münchner Übersetzerpreis erhalten. Literaturübersetzer zu sein, so Hermstein, heißt weit mehr als nur konzentriertes Arbeiten am Schreibtisch. „Neben der eigentlichen Übersetzungsarbeit gehören auch Recherchen, Bibliotheksbesuche, Akquise von Aufträgen, Verhandlungen mit Verlagen, Korrekturlesen, Auslandsreisen und Teilnahme an Seminaren zum Berufsbild“.

Sich als Übersetzer selbstständig zu machen ist jedoch alles andere als einfach. „Vorteilhaft sind natürlich persönliche Verbindungen zu Verlagen. Wer noch keine hat, kann sie sich beispielsweise durch ein Praktikum erarbeiten,“ meint Ulrich. Auch sein ehemaliger Dozent Rudolf Hermstein betont: „Vom Studium direkt in die Selbstständigkeit – das trifft für die meisten professionellen Literaturübersetzer nicht zu. Viele haben erst in anderen Berufen gearbeitet.“

Und wie sieht die Arbeit aus? Berufsanfänger Ulrich gibt einen Einblick. Nachdem der Vertrag mit dem Verlag abgeschlossen ist und damit Bezahlung und Abgabetermin geregelt sind, ist der Übersetzer erst einmal „mehr oder weniger auf sich allein gestellt“, berichtet er. „Mit Wörterbüchern und verschiedensten Recherchemitteln wühlt man sich dann durch den Text. Bei problematischen Stellen kann man sich natürlich auch mit dem Lektor verständigen.“ Ist das Werk schließlich vollbracht, wird es vom Verlagslektor oder einem freiberuflichen Lektor redigiert. „Die Hürden, die beim Übersetzen zu nehmen sind, unterscheiden sich von Buch zu Buch. Aber das Grundproblem lautet wohl immer: den Stil des Autors zu bewahren und die Atmosphäre des Originals in der eigenen Sprache nachzubilden.“

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Auf diplomatischem Parkett: Übersetzen und Dolmetschen beim Auswärtigen Amt

Als Sprachtalent in die Politik? Kaum ein Bereich hat mehr mit Fremdsprachen zu tun als die Außenpolitik. Gerade hier ist es unumgänglich, akkurat und fehlerfrei zu dolmetschen und zu übersetzen. In Deutschland ist der Sprachendienst des Auswärtigen Amts für alle fremdsprachlichen Aufgaben im Rahmen der Außenpolitik zuständig. Antonio Reda, Leiter des Sprachendienstes, erläutert im Interview die Aufgaben seiner Mitarbeiter und Einstiegschancen für angehende Übersetzer und Dolmetscher.

Welche Aufgaben hat der Sprachendienst des Auswärtigen Amts?

Der Sprachendienst des Auswärtigen Amts übersetzt und dolmetscht nicht nur für das eigene Haus, sondern ist – ähnlich wie das Protokoll – gleichzeitig für das Bundeskanzleramt und das Bundespräsidialamt zuständig. Diese historisch gewachsene übergreifende Aufgabenstellung ist insofern sinnvoll, als außenpolitische Themen in allen drei Häusern im Mittelpunkt der internationalen Kommunikation stehen.

Am Arbeitsplatz eines Übersetzers fallen Texte unterschiedlichster Art an: Von Reden, Interviews und Website-Beiträgen über Verträge bis hin zu Lebensläufen, Besuchsprogrammen und Menüs für offizielle Essen gibt es kaum eine Textsorte, mit der man nicht in Berührung kommt. Dolmetscher gewährleisten die mündliche Kommunikation bei Gesprächen, Verhandlungen und Konferenzen im In- und Ausland.

Was sind die ersten Schritte für eine erfolgreiche Bewerbung beim Sprachendienst? Wie groß ist momentan Ihr Bedarf an Nachwuchs im Bereich Dolmetschen und Übersetzen?

Auf der Webseite des Auswärtigen Amtes sind die entsprechenden Stellen ausgeschrieben, von Initiativbewerbung ist deshalb abzusehen. Der Personalbedarf ist gewissen Schwankungen unterworfen, aber im Durchschnitt werden jährlich 15 bis 20 Übersetzer- und Dolmetscherstellen im In- und Ausland ausgeschrieben. Bei den meisten Dienstposten handelt es sich um so genannte „Ortskraftstellen“, die zu ortsüblichen Konditionen an den deutschen Auslandsvertretungen zu besetzen sind.

Welche Ausbildung sollte man als Dolmetscher oder Übersetzer beim Sprachendienst beim AA mitbringen?

Das Gros der im Auswärtigen Amt beschäftigten Dolmetscher, Übersetzer und Terminologen hat einen einschlägigen Diplomstudiengang an einer wissenschaftlichen Hochschule absolviert. In Deutschland konnte man einen solchen Abschluss bislang an der HU Berlin, in Heidelberg, Hildesheim, Leipzig, Mainz-Germersheim und Saarbrücken erwerben. Als gleichwertig gelten vergleichbare Studienabschlüsse an ausländischen Universitäten wie Genf, Paris, Triest, Edinburgh oder Monterey. Wer sich für ein Übersetzer- oder Dolmetscherstudium in einem Bologna-Studiengang entschieden hat, benötigt für eine Bewerbung beim Sprachendienst des Auswärtigen Amts einen Master-Abschluss.

Eingestellt werden überwiegend jüngere Bewerber mit etwas Berufserfahrung. Jedoch werden für manche Aufgaben, z.B. Überprüfertätigkeiten, gezielt besonders erfahrene ältere Bewerber gesucht. Der ideale Mitarbeiter sollte neben einer stilsicheren Beherrschung seiner Muttersprache gute aktive Kenntnisse in der ersten Fremdsprache, intellektuelle Neugier, ein ausgeprägtes Interesse an politischen Zusammenhängen und eine fundierte Allgemeinbildung mitbringen.

Wie sieht der Arbeitsalltag eines Dolmetschers beim Auswärtigen Amt aus? Wie der eines Übersetzers?

Die meisten Dolmetscher im Auswärtigen Amt sind gleichzeitig als Übersetzer tätig. Daher wechseln bei ihnen Dolmetscheinsätze mit Übersetzungs- und Überprüfungsaufgaben. Die gezielte Vorbereitung des Dolmetschers auf einen konkreten Einsatz besteht im Wesentlichen aus dem Studium von Unterlagen und der Erstellung themenbezogener Terminologielisten. Für terminologische Recherchen stehen neben Internetquellen und sonstigen Unterlagen interne Datenbanken zur Verfügung. Die Arbeitszeiten der Dolmetscher sind sehr unregelmäßig und reichen häufig in die späten Abendstunden oder ins Wochenende hinein. Anders als Übersetzer müssen Dolmetscher sehr viel reisen.

Wer ausschließlich als Übersetzer tätig ist, hat in der Regel eine gleichmäßigere Auslastung. Das gilt vor allem in den besonders stark nachgefragten Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch, bei denen aus organisatorischen Gründen eine durchgehende Trennung zwischen Dolmetschen und Übersetzen praktiziert wird. Übersetzen ist eine ausgesprochene Teamarbeit. Neben dem Übersetzer selbst sind das Übersetzungssekretariat, die Einsatzleitung des Übersetzungsdienstes, Überprüfer, Fremdsprachenassistenten und häufig auch Terminologen in den Arbeitsprozess eingebunden.

Von Übersetzern und Dolmetschern im Auswärtigen Amt wird erwartet, dass sie über das internationale politische Geschehen und über wichtige Vorgänge im jeweiligen Sprachraum gut informiert sind. Daher gehört tägliche Zeitungslektüre in den betreffenden Arbeitssprachen zum normalen Tagesprogramm. Eine besondere Herausforderung ist die Vielfalt der Texte und Themen, mit denen Übersetzer und Dolmetscher im Auswärtigen Amt konfrontiert sind. Dadurch bleibt die Arbeit immer spannend und man hat das Gefühl, ständig am Puls der Zeit zu sein.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Traumjob Dolmetscher: „In jedem Auftrag steckt eine neue Herausforderung“

Was zeichnet einen Profi-Dolmetscher besonders aus? Was macht den Beruf so interessant? Lilian-Astrid Geese arbeitet als freie Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin in Berlin und kann auf viele Jahre Erfahrung zurückblicken. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Bereich Kunst und Kultur. Im Interview gibt sie spannende Einblicke in ihren Berufsalltag und wichtige Tipps für angehende Dolmetscher. Die Website von Lilian-Astrid Geese mit weiteren Informationen zur Person und ihrem Portfolio ist unter www.comunicada.de zu finden.

Wie sind Sie zum Dolmetschen gekommen und wie sah Ihre Ausbildung aus?

Durch mein Interesse an Sprachen, Kulturen und Kommunikation bin ich auf den Dolmetscher- und Übersetzerberuf gekommen. Zudem hatte ich eine Großmutter in Amerika, und mein Großvater war selbst als Dolmetscher in Frankreich tätig. Studiert habe ich an der Universität Mainz am Fachbereich Angewandte Sprachwissenschaften in Germersheim. Heute arbeite ich als freie Übersetzerin und Dolmetscherin für Englisch, Französisch und Spanisch in Berlin, vor allem in den Bereichen Kunst, Kultur, Literatur, Film, Theater, Architektur, Mode und Design. Außerdem schreibe ich Rezensionen und Filmkritiken.

Was macht Ihnen an meisten Spaß an Ihrem Beruf?

Die Möglichkeit der Begegnung mit vielen Menschen, das Interkulturelle, Abwechslung und lebenslanges Lernen. In jedem Auftrag steckt eine neue Herausforderung. Ich beschäftige mich mit den verschiedensten Themen und erschließe gerne neue Arbeitsfelder.

Ich freue mich über Anerkennung und Dank der Zuhörer und Auftraggeber. Mit den Jahren entwickelt man Kompetenz und auch Routine, die das Leben in der Kabine oder mit dem Notizblock in der Hand entspannter machen. Sich Einlassen auf Neues ist dabei ebenso erfüllend wie das Erschließen von Bedeutung in den Worten anderer, die man wieder anderen vermittelt.

Wie steht es um notorische „Schnellsprecher“, Menschen mit undeutlicher Aussprache oder starken Akzent, die einem das Dolmetschen erschweren? Was macht man in einem solchen Fall?

Bei Schnellsprechern gilt es, die Nerven zu behalten und nicht zu vergessen, dass die Zuhörer beim Simultandolmetschen das Gesprochene verstehen wollen. In solchen Fällen muss man kondensieren und bewusst ruhig bleiben. Hier zahlt sich die sorgfältige Vorbereitung auf den Auftrag aus. Wenn man das Rede-Manuskript gelesen hat und kennt, das im ICE-Tempo runter gerasselt wird, ist die Chance selbst einen verständlichen Vortrag in der anderen Sprache zu bieten, weitaus größer als wenn man zum ersten Mal mit einer speziellen Thematik oder Terminologie konfrontiert wird.

Was Akzente angeht, da hört man sich ein. Seine Arbeitssprachen sollte man natürlich in so vielen Varianten wie möglich kennen, und zwar global, wie beispielsweise lateinamerikanische Versionen des Spanischen oder das Französisch der verschiedenen frankophonen Staaten Afrikas, Kanadas, Belgiens oder der Schweiz. Natürlich liegen einem die Akzente der Länder, in denen man gelebt hat oder die einem im Laufe der Karriere immer wieder begegnen, mehr. Und wenn einen doch mal ein Akzept so schafft, dass man wirklich kaum noch folgen kann, dann hilft Intuition, Routine und – wiederum - die gründliche Vorbereitung aufs Thema.

An welches berufliche Erlebnis denken Sie besonders gerne zurück?

So manch späte Stunde auf einer Bühne mit großartigen Künstlern, von denen ich so viele kennengelernt habe, dass ich kaum eine Auswahl treffen mag. Ein fantastischer Abend mit Nelson Mandela. Eine würdige Preisverleihung an Harold Pinter. Ein spannendes Gespräch zwischen Günther Grass und Salman Rushdie. Eine temperamentvolle Runde mit Isabel Allende. Hochinteressante Führungen bei der documenta. Glamour bei den Pressekonferenzen der Berlinale. Die Liste ist lang.

Was ist Ihr ganz persönlicher Tipp an diejenigen, die Dolmetscher oder Übersetzer werden wollen?

Man sollte vorher genau prüfen, ob einen nur die Sprachen interessieren oder ob man sich beruflich auf die Position eines Vermittlers orientieren möchte. In diesem Beruf lernt man nie aus, ist vermutlich nie perfekt, muss aber Perfektion immer anstreben.

Dolmetscher und Übersetzer sind meist zusätzlich auch Unternehmer, Manager und Promoter, denn dies ist ein freier Beruf. Der Markt ist zudem begrenzt und die Konkurrenz riesig, man kann es nur schaffen, wenn man wirklich professionell ist. Längere oder häufige Auslandsaufenthalte sind eine gute Sache. Außerdem empfehle ich eine solide übersetzerische oder dolmetscherische Ausbildung, am besten ein Studium. Schließlich gilt es neben der perfekten Beherrschung der Mutter- und Arbeitssprache einige Zusatzqualifikationen zu erwerben.

Dienstag, 6. Oktober 2009

Übersetzen aus einer anderen Perspektive: In England Deutsch studieren


Becci ist 24 und studiert im Masterstudiengang Übersetzung an der Universität Leeds in England. Auf die Idee kam sie durch ein Bachelorstudium in Deutsch und Spanisch, bei dem auch Übersetzung ein Thema war. Becci hat so viel Gefallen daran gefunden, dass sie nun die deutsche Sprache aus Sicht des Übersetzers genauer unter die Lupe nimmt.

Besonders Spaß macht ihr dabei die Vielfalt der Texte, die einem als Übersetzer unterkommen können, von technischen Dokumentationen, über Richtlinientexte bis hin zu literarischen Werken. „Gerne recherchiere ich zu einem bestimmten Thema und mache mich mit neuen Vokabeln vertraut“ meint Becci, „je interessanter und spannender das Thema des Textes umso besser.“

Dabei geht es bei Ihrem Studium nicht nur um das praktische Übersetzen. Ein Schwerpunkt bilden theoretische Fragen zum Thema und verschieden Teilbereiche wie Untertitelung. Außerdem lernen angehende Übersetzer, mit technischen Hilfsmitteln und spezieller Software umzugehen, wie „Translation Memory Systems“.

Einen Faible für die deutsche Sprache hatte Becci zwar schon immer. Das Übersetzerstudium stellt sie jedoch immer wieder vor Herausforderungen. „Die deutsche Sprache hat auf jeden Fall ihre Stolpersteine. Zum Bespiel die Artikel der, die, das sind manchmal schwierig. Die englische Sprache hat nur“the”. Und das reicht meiner Meinung nach auch.“

Für die Zeit nach ihrem Studium hat Becci schon genaue Vorstellungen. „Mein Traum ist es, später irgendwo in Deutschland zu arbeiten. Am liebsten würde ich die Bereiche Film-Untertitelung und „normaler” Übersetzerarbeit kombinieren. Und dabei natürlich gutes Geld verdienen!“

Auch Deutsche können an der University of Leeds einen Masterstudiengang belegen. Infos dazu finden sich auf den Seiten der School of Modern Languages and Cultures unter www.leeds.ac.uk/cts und unter www.leeds.ac.uk/international

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Traumberuf Konferenzdolmetscher Teil II – Arbeitsalltag und Karrierechancen

Dolmetschen ist nicht gleich Dolmetschen. Welche verschiedenen Formen es beim Konferenzdolmetschen gibt, in welchem Bereich der Konferenzdolmetscher gebraucht wird und wie viel man dabei verdienen kann, erläutern Aleksandra Kwasnik und Andrea Wilming vom Verband der Konferenzdolmetscher (VKD im BDÜ) im Interview. Mehr über Ausbildung und Berufsbild finden Sie im ersten Teil des Beitrags.

Welche Arten des Dolmetschens gibt es?

Generell unterscheidet man zwischen zeitversetztem Dolmetschen (konsekutiv) und zeitgleichem Dolmetschen (simultan). Beim Konsekutivdolmetschen werden Redeabschnitte von bis zu 20 Minuten direkt im Anschluss an die Originalrede wiedergegeben. Hierbei steht der Dolmetscher direkt neben dem Redner und ist in seiner Funktion für alle Beteiligten sichtbar.

Beim Simultandolmetschen erfolgt die Wiedergabe mit wenigen Sekunden Zeitverzögerung. Die Dolmetscher sitzen hierbei in Zweier- oder Dreierteams in einer schalldichten Kabine, empfangen den Originalton über Kopfhörer und sprechen die Verdolmetschung in ein Mikrophon. Sie bleiben im Hintergrund, ihre Stimmen erreichen die Zuhörer über Kopfhörer. Das Simultandolmetschen macht häufig den größten Anteil der Arbeit eines Dolmetschers aus.

Als Sonderform des Simultandolmetschens ist noch das Flüsterdolmetschen zu nennen. Hierbei sitzt oder steht der Dolmetscher hinter oder neben der Person, für die gedolmetscht wird, und flüstert dieser die Verdolmetschung der Redebeiträge zu. Wie beim Simultandolmetschen wird mit mindestens zwei Dolmetschern gearbeitet – und das für höchstens ein bis zwei Zuhörer. Eine Sonderform des Konsekutivdolmetschens ist das Gesprächsdolmetschen, bei dem kürzere Textpassagen in Gesprächssituationen zeitversetzt und abschnittsweise in eine andere Sprache übertragen werden.

In welchen Branchen können Konferenzdolmetscher arbeiten?

Dolmetscher werden überall dort gebraucht, wo internationale Kommunikation stattfindet, wo also Sprach- und Kulturräume zusammenkommen. Dies beschränkt sich nicht auf eine bestimmte Branche, ebenso wenig beschränkt sich die Arbeit von Konferenzdolmetschern auf Konferenzen: Die Bezeichnung „Konferenzdolmetscher“ beschreibt einen ausgebildeten Dolmetscher, der sämtliche Dolmetschtechniken sicher beherrscht.

Konferenzdolmetscher findet man auf mehrsprachigen Fachkonferenzen, Verhandlungen und Vorträgen, Gremiensitzungen, Staatsbesuchen, Radio- und Fernsehsendungen mit ausländischen Gästen, Stadtbesichtigungen, technischen Schulungen, Fortbildungen, Podiumsdiskussionen oder Lesungen, um nur einige zu nennen.

Sind Konferenzdolmetscher in der Regel Freiberufler oder fest angestellt? Was sind die Verdienstmöglichkeiten?

Der größte Arbeitgeber für Simultandolmetscher mit Muttersprache Deutsch ist der SCIC, der Dolmetschdienst der Europäischen Kommission, bei dem insgesamt 60 fest angestellte und 267 freiberufliche Konferenzdolmetscher mit der Muttersprache Deutsch arbeiten.

Eine Festanstellung ist für Konferenzdolmetscher die Ausnahme und findet sich in Deutschland hauptsächlich bei Ministerien und Bundesbehörden, jedoch kaum noch in der freien Wirtschaft. Gemessen am Volumen (Dolmetschtage) ist der freie Markt der weitaus größere Arbeitgeber.

Das Tageshonorar von freiberuflich arbeitenden Konferenzdolmetschern in Deutschland liegt bei etwa 750-900 Euro (abgedeckt sind hiervon die fachliche Einarbeitung in das Thema, die auftragsunabhängigen Kosten uvm.). Das Honorar eines verbeamteten Berufseinsteigers bei den Dolmetschdiensten der Europäischen Kommission oder des Europäischen Parlaments liegt bei etwa 4.000 Euro im Monat.

Englisch scheint vor allem in der Wirtschaft zum absoluten Muss geworden zu sein. Werden Dolmetscher auf lange Sicht nicht immer weniger gebraucht?

Der Beruf des Dolmetschers ist nicht vom Aussterben bedroht. In bestimmten Situationen bestehen gerade diejenigen Personen, die sehr gut Englisch können, auf der Zusammenarbeit mit Konferenzdolmetschern. Konferenzdolmetscher werden weiterhin überall dort zum Zuge kommen, wo Fingerspitzengefühl und Sachgenauigkeit gefragt sind, etwa bei schwierigen Vertragsverhandlungen, Fusionen oder Zeugenvernehmungen, aber auch bei publikumswirksamen Veranstaltungen, wie etwa Standorteröffnungen oder Produktneuvorstellungen. Generell ist es begrüßenswert, wenn die Kommunikation auch so funktioniert, aber gerade die Kommunikation in einer Fremdsprache und -kultur birgt so manche Schwierigkeit oder diplomatische „Fallen“, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich sind.

So erkennen immer mehr Unternehmen, dass interne und externe Kommunikation unter einer mehr oder minder gut beherrschten Lingua Franca wie Englisch eher leidet, als dass die Beteiligten hiervon profitieren. Auf Führungsebenen setzt sich deshalb inzwischen immer mehr die Überzeugung durch, dass nur hochwertige professionelle Dolmetschdienstleistungen wirklich reibungslose Kommunikation gewährleisten. Internationale Organisationen wie die Europäische Union gehen hier seit Jahren mit leuchtendem Beispiel voran.

Was ist Ihr ganz persönlicher Tipp an diejenigen, die Dolmetscher oder Übersetzer werden wollen?

Machen Sie auf jeden Fall einen Hochschulabschluss im Fach Dolmetschen (z. B. M.A. Konferenzdolmetschen), pflegen Sie Ihre Muttersprache, seien Sie überdurchschnittlich sicher in Ihren Fremdsprachen und gehen Sie einige Zeit ins Ausland, um dort auch die Kultur zu Ihren Arbeitssprachen „am eigenen Leibe“ zu erfahren.