Montag, 11. Oktober 2010

China hautnah, Teil I – Was ein Auslandsaufenthalt so mit sich bringt

Neugierde, Abenteuerlust und Interesse an fremden Kulturen – das war die Motivation der neuzehnjährigen Pilar Czoske für ein halbes Jahr nach China zu gehen. Nach einem sechswöchigen Praktikum am Deutsch- Chinesischen Institut für Rechtswissenschaften in Nanjing verbringt sie momentan ein Auslandssemester an der Zhengfa Daxue, der Chinese University of Political Science and Law in Beijing. Realisieren konnte sie ihren China-Aufenthalt über ein Austauschprogramm der Rechtswissenschaftlichen Fakultät ihrer Heimatuniversität Köln sowie mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes DAAD. Für unseren Blog berichtet Pilar von Ihren Erfahrungen im Land der Mitte, in Teil eins geht es unter anderem um chinesische Geburtstagsfeiern.

Frau Czoske, wie sind Sie auf den Gedanken kommen eine gewisse Zeit in China zu verbringen?

Für mein Doppelstudium Regionalstudien China / Rechtswissenschaften wird empfohlen nach China zu gehen, um Kultur und Sprache vertiefend zu verstehen und Chinesisch zu lernen. Nach meinem Studienbeginn haben sich die Möglichkeiten und Optionen für ein Studium in China nach und nach dann ergeben. Vor allem der rege Rechtsdialog zwischen Deutschland und China haben mein Interesse geweckt. Hier in China gibt es zwei Institute, einmal in Nanjing und in Peking, die im Bereich des deutsch- chinesischen Kulturaustausches tätig sind. Ich fand es sehr spannend, dort auch mal aktiv mitwirken zu können.

Was hat Sie an China besonders interessiert?

Am ostasiatischen Kulturkreis und insbesondere an China hat mich zunächst gereizt, dass ich über dieses Land und diese Kultur überhaupt nichts wusste. Deswegen habe ich mich auch entschieden, Regionalstudien China in Verbindung mit Rechtswissenschaften zu studieren. Es ist ein Bereich, von dem ich keinerlei Kenntnisse hatte und mein Grundgedanke dahinter war, die Welt und Menschen ein bisschen besser zu verstehen, einzuschätzen und aus einem weiteren Blickwinkel kennenzulernen.

Auch reizt es mich sehr, ein neues Verständnis entwickeln zu können, wie ein komplett anderes Regierungs- und Gesellschaftssystem funktioniert, dass auf einer komplett anderen Geschichte und zum Teil anderen gesellschaftlichen Werten fußt.

Können Sie uns einen kurzen Einblick in Ihre interkulturellen Erfahrungen mit den Chinesen geben?
Diese Frage lässt sich am leichtesten anhand von Anekdoten schildern, wie zur Esskultur in meiner chinesischen Gastfamilie: Bei einer Geburtstagsfeier eines Familienmitglieds gab es reichlich in einer für mich als Deutsche eigenartigen Reihenfolge. Nach dem wir gut eine Stunde sämtliche chinesischen Speisen genießen konnten, kam der Nachtisch. Danach standen nochmal drei Nudelgerichte auf dem Tisch. An Geburtstagen ist es wohl üblich, Nudeln zu essen, da sie ein langes Leben symbolisieren sollen. Nach den Nudeln wurde dann die Geburtstags-Sahnetorte aufgetischt. Anschließend hat mich meine Gastmutter noch mitgenommen, um frischen Fisch für den nächsten Tag zu kaufen. An diesem Abend wollte ich mir lieber nicht vorstellen, was für eine Gerichtsmischung in meinem Magen verdaut werden musste. Aber es war wirklich spannend zu erleben, wie eine chinesische Familie Geburtstag feiert. Das Essen stand ohne Zweifel im Mittelpunkt.

Das Leben im Studentenwohnheim an einer chinesischen Universität ist wiederum ganz anders als in Deutschland. Ausländische Studenten und chinesische Studenten wohnen an der Zhengfa Daxue zusammen. Wir teilen uns zu dritt ein Zimmer, die Toiletten und Waschbecken sind auf jedem Stockwerk verteilt. Duschmöglichkeiten gibt es aber nur zu bestimmten Duschzeiten im Keller des Gebäudes. Außerdem werden die Tore der Uni jeden Abend um 23 Uhr geschlossen. Kommt man später muss man Geheimwege ausfindig machen, um noch zu seinem Zimmer zu gelangen.

Auch wenn ich die vielen neuen Eindrücke in vollen Zügen genieße, muss ich auch gestehen, dass es manchmal schwierig ist, sich nicht richtig ausdrücken zu können und dadurch Kommunikationsschwierigkeiten entstehen. Aber ich freue mich darauf, dass Land so fassettenreich wie möglich erkunden zu können und ein Einverständnis für einen anderen Kulturkreis entwickeln zu können.

In Teil zwei erfahren Sie unter anderem, wie Pilar mit der chinesischen Sprache zurechtkommt.

Bild: East China University of Political Science and Law, Shanghai , Quelle: Wikipedia